Blog-Event Jeden Tag ein Buch - Die Regenbogentruppe von Andrea Hirata

Lesen kann man nie zu viel. Deshalb will ich gerne mitmachen bei dem von Arthurs Tochter kocht initiierten Blog-Event Jeden Tag ein Buch und einen Roman vorstellen, in dem es um das Privileg des Geniesens geht. Allerdings nicht ums Essen oder Trinken, um Kulinarisches und Kapriziöses, sondern um den Genuss von Bildung. Und darum, dass jedem Kind dieser Genuss zusteht.

Hunger auf Bildung

Andrea Hiratas Roman Die Regenbogentruppe spielt in Indonesien der 70er Jahre auf der kleinen Insel Belitung (zu Kolonialzeiten Billiton). Die niederländischen Kolonialverwalter sind abgezogen, in ihren herrschaftlichen Gebäuden hat sich die einheimische Elite aus Jakarta angesiedelt: die leitenden Angestellten der Bergbaugesellschaft. In deren Auftrag wird die Insel nach Zinn durchwühlt, ohne Rücksicht auf Mensch und Natur. Die Bewohner selbst leben in ärmlichen Verhältnissen. Sie verdingen sich als Arbeiter oder Fischer, lesen und schreiben kann kaum jemand, Schulbildung wird als verschwendete Zeit betrachtet. Und so finden sich auch nur mühsam die zehn Kinder, die es braucht, um die schäbige Dorfschule, die Muhammadiyah zu erhalten. Unbeirrt kämpft die junge Lehrerin Bu Mus mit dieser bunt zusammen gewürfelten Truppe gegen die Willkür der staatlichen Autoritäten, die Gier der Bergbaugesellschaft, den Zerfall des Gebäudes und die Ignoranz der Eltern.

Verkaufsschlager in Indonesien

Adrea Hirata erzählt in dem Buch seine eigene Geschichte. Er war einer dieser zehn, die unter die Fittiche der erst 15jährigen Lehrerin Bu Mus kamen und die sein Leben veränderte. Hirata versprach ihr, als er selbst 15 war, eines Tages ein Buch über sie und die Muhammadiyah zu schreiben und er hielt sein Versprechen. Nach demTsunami 2004 brachte er die Geschichte in nur drei Wochen zu Papier. Eine Veröffentlichung plante er nicht, aber das Skript kam auf Umwegen zu einem Verleger in Jakarta, der ihn dazu überredete.

5 Millionen Mal verkaufte sich der Roman allein in Indonesien. Damit avancierte Andrea Hirata vom Hobbyschriftsteller zum meistgelesenem Autor Indonesiens. Und das zu Recht. Denn Die Regenbogentruppe ist ein Buch, das sich mit großer Erzählkraft und einem liebevollen Blick auf die Menschen einem großen Thema verschreibt: dem Recht auf Bildung für jeden. Und das zeigt, dass Lehren und Lernen eine Frage der Haltung und nicht eine Frage des Geldes sind. Bu Mus, die engagierte Lehrerin, die selbst erst 15 Jahre ist, als er eingeschult wird, scheint wie die Blaupause einer Pädagogin, die man sich für seine Kinder wünscht. Ohne Bezahlung  aber mit einem unbezwingbaren Enthusiasmus lehrt sie nicht nur Mathematik,  Geschichte oder Englisch, sondern vermittelt ihren Schülern auch das Gefühl von Würde und Stolz.

Roman mit Haltung

Es ist diese Haltung, die das Buch so beeindruckend macht. Denn es zeigt, dass Bildung im eigentlichen Sinn keinen anderen Zweck hat als den Menschen in seinen Fähigkeiten zu entwickeln und ihm selbstbestimmt zu machen. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ sagte einst Kant. Die Regenbogentruppe bestätigt diesen Satz auf ganz besondere Weise. Und beschämt uns westliche Leser, die wir unsere Kinder zu blutlosen Bildungsprojekten und unsere Bildung zu einer Frage des Geldes machen. Lernen ist keine Last, sondern eine Lust und ein Genuss. Und es hört nie auf. Unbedingt lesen oder hören!

Andrea Hirata: Die Regenbogentruppe

Roman – übersetzt von Peter Sternagel
Erscheinungsdatum: 28.01.2013
Fester Einband, 272 Seiten

Preis: 19,90 € (D) / UVP 27,90 sFR (CH) / 20,50 € (A)

ISBN 978-3-446-24146-6
Hanser Berlin

Auch als Hörbuch und ebook erhältlich

P.S.: Wer mehr über die Geschichte Indonesiens und die niederländische Kolonialzeit wissen möchte, der sei auf meinen Artikel  Den Haag – Die Witwe Niederländisch-Indiens auf zeitonline.de verwiesen sowie auf meinen Reisebericht über Bali und meinen Kochkurs mit Ketut.

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