Tiefrote Granatäpgel, gelbe Zitronen,violette Heidelbeeren fangen den Betrachter ein – an Anna Arceses Gemälden kann man nicht einfach vorbei gehen. Vor allem nicht, wenn man gerne kocht und isst.
Feurige Chili gegen Regenwetter
Und so betrat ich ihre Galerie in Leiden an einem verregneten Sonntagnachmittag vor ein paar Wochen. Drinnen war von dem typischen trüben Hollandwetter nichts mehr zu spüren. Feurige Chili, majestätische Artischocken, saftige Beeren, pralle Zwiebeln – das gesamte Zutaten-Arsenal der mediterranen Küche strahlte mich auf goldenem oder silbernem Hintergrund an. Neugierig auf die Entstehungsgeschichte der Bilder und auf die Künstlerin selbst, verabredete ich mich mit ihr zu einem zweiten Besuch.
Anna empfing mich bei unserer Verabredung, wie es sich für eine Italienerin gehört, mit einem Espresso und erzählte mir dabei von ihrem künstlerischen Werdegang.
Küstlerin aus Leidenschaft
Geboren wurde sie in Frosinone, 80 Kilometer südlich von Rom. Der Vater Fabrikarbeiter, die Mutter Näherin – in diesem Milieu schien eine Laufbahn als Malerin nicht unbedingt vorgezeichnet. Und doch sagt sie ganz bestimmt: „Ich wusste immer, dass ich Künstlerin werden wollte“! Der Vater unterstützt sie nach Kräften, denn er hat seinem Traum von der Bildhauerei zugunsten der Familie aufgegeben und geht nur in der Freizeit seiner Leidenschaft nach. „Mein Vater war ein wahrhafter Künstler und er war sehr glücklich, dass ich mich entschied, Kunst zu studieren“ sagt Anna und man kann den großen Respekt und auch die Dankbarkeit für die elterliche Unterstützung in ihrer Stimme hören.
Dekorative Kunst und Restaurierung
Dass Anna Arcese eine erstklassige künstlerische Ausbildung durchlaufen hat, sieht man jedem ihrer Bilder, auch den Blumenmotiven und Portraits an. Studium an der Akademie der schönen Künste in Rom, Zusatzqualifikationen in dekorativer Kunst und Restaurierung sind die wichtigsten Stationen ihres Werdegangs.
Nach Jahren des Arbeitens in der dekorativen Kunst, begann Anna Arcese vor 6 Jahren, Früchte und Gemüse zu malen. Ein niederländischer Koch war so begeistert von ihrer Interpretation einer roten Paprika, dass er das Gemälde sofort kaufte. Heute gehören neben Köchen auch Restaurants und Privatpersonen zum Kundenkreis.
Klassische Vorbilder
Entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Food-Bilder Anna Arceses hatte, neben klassischen Vorbildern wie dem italienischen Renaissancemaler Carlo Crivelli, ihr Aufenthalt in Bulgarien. Dort setzte sie sich intensiv mit der Tradition der Ikonenmalerie auseinander. Und in der Tat – durch den Gold oder Silberhintergrund treten die Motive aus ihrer Alltäglichkeit heraus. Ein gewöhnlicher Apfel wird so zu einem kultbildlichen Objekt, zum Repräsentanten der Frucht und ihrer symbolischen Konnotationen. Deshalb sind Annas Bilder von Früchten und Gemüse weit mehr als dekorative Abbildungen. Sie lenken den Blick auf das Wesen der Motive und lassen den Betrachter stauen über die Schönheit und Perfektion der Lebensmittel, die uns ernähren, die wir aber die im Alltag kaum beachten und denen in der modernen Wegwerftgesellschaft jede Wertschätzung abhanden gekommen ist.
Spezielle Technik
Die Formate der Bilder variieren – von kleinen 20×20 cm Bildern mit echtem Blattgold über Mittelgrößen bis hin zu den großen Gemälden wie dem Stillleben mit Früchten. Die Technik selbst ist jedoch bei allen Bildern gleich. Zunächst gestaltet die Künstlerin den Farbgrund und legt die Objekte auf, um den Licht- und Schattenverlauf zu studieren.
Dann folgt der Leimauftrag mit Pinsel oder einer Musterschablone. Danach bringt Anna Arcese die Gold oder Silberfolie auf und nimmt mit einem großen Pinsel die überschüssige Teile wieder ab.
Echte Modelle
Als letzter Schritt folgt dann das Malen der Frucht. Die Künstlerin arbeitet immer mit echten Früchten und Gemüsesorten, denn nur so kann sie deren ganze Plastizität erfassen. Dies ist nicht immer einfach, vor allem bei großformatigen Gemälden wie dem Stillleben mit Früchten.
Das Arrangement der Trauben, Äpfel, der fast schwarzen Paprika, die ein Freund vorbeibrachte, und der anderen Früchte – all dies erfolgt nach strengen Kompositionsregeln, bei denen vor allem die Anordnung der Farben und der Einfall des Lichtes eine zentrale Rolle spielen. Nicht nur die Komposition, auch die Durchführung des Malvorgangs war eine Herausforderung. Da die Künstlerin immer mit echten Früchten arbeitet, muss sie mit dem Malen fertig sein bevor ihre „Modelle“ verderben.
Leidenschft fürs Essen
Jemand, der so viel Zeit mit Essens-Zutaten verbringt wie Anna Arcese, der muss auch gerne kochen, oder? Anna lächelt verschmitzt: „Ich esse für mein Leben gerne, aber beim Kochen fehlt mir manchmal die Geduld.“ „ Aber eigentlich ist Malen auch eine Art von Kochen“, ergänzt sie gleich darauf. Das Anrühren der Farben, die Zubereitung des Binders mit Ei, die Komposition der Farben das habe doch mit der Zubereitung eines Essens viel gemeinsam. Dem kann ich nur zustimmen. Denn so wie Kunst mehr ist als bloße Abbildung von Gegenständen, so ist Kochen mehr als die Zubereitung von Nahrung. Es kommt in beiden Bereichen auf die richtige Mischung der Zutaten und auf die Art der Zubereitung an. Nur dann ist das Ergebnis mehr als die Summe der Einzelteile. So wie die Food-Ikonen von Anna Acrese.
Hier geht es zur Webseite von Anna: http://paintings.arcese.nl/
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