
Bis vor ein paar Tagen hatte ich es für gegeben angenommen, dass es neben gelben, weißen und roten von jeher orange Karotten gibt. Weit gefehlt, sehr weit gefehlt. Denn ausgerechnet in meinem Gastland Holland sollen sie, so las ich, vor circa 400 Jahren als Zeichen der Ehrerbietung für den Vater der Nation, Wilhelm van Oranje, gezüchtet worden sein. Die orangefarbige Karotte ein Produkt der Royalisten? Karottensuppe ein Königsessen? Dieser Geschichte musste ich einfach nachgehen.
Wahrheit oder Mythos?
Fündig wurde ich im Netz, denn es gibt dort tatsächlich ein virtuelles World Carrot Museum, in dem man alles über Geschichte und Botanik des Wurzelgemüses findet. Auch Rezepte, Triviales und Kurioses sind dort versammelt. John Stolarczyk, der Gründer, ist der Karottenexperte schlechthin und konnte mir meine Frage natürlich ausführlich beantworten. Er sieht keinen direkten Zusammenhang zwischen der Züchtung der orangefarbigen Karotte und dem Haus van Oranje. Zwar sei die orangefarbene Karotte tatsächlich in den Niederlanden zur Zeit von Wilhelm von Oranje aufgetaucht, doch er ordnet die Geschichte eher in das Reich der Mythen ein und zitiert Dr. T. Ferni (Herbal Simples 1875):
„The Dutch Government had no love for the House of Orange: and many a grave burgomaster went so far as to banish from his garden the Orange lily, and Marigold; also the sale of Oranges and Carrots was prohibited in the markets on account of their aristocratic colour.“
Komplexe Farbgeschichte
Die neueste Forschung zur Genetik der Pflanze hat bewiesen, dass die orange Karotte von gelben Varietäten stammt. In Europa gab es bis ins 14. Jahrhundert hauptsächlich weiße Karotten, mit den Mauern kamen rote und gelbe Sorten dazu. In einem Kochbuch von Ibn Sayyār al-Warrāq aus dem Jahr 950 ist aber auch schon von einer rot-gelben Karotte die Rede. Und um die Konfusion komplett zu machen verweist John Stolarczyk auf die Abbildung einer orangefarbenen Wurzel im Juliana Anicia Codex, einer spätantiken Sammelschrift aus dem Jahr 512:
„Es könnte also sein, dass die Mauren tatsächlich schon eine orange Karotte in ihrem Gepäck mit nach Westen brachten – aber natürlich ist das pure Spekulation. Die wahrscheinlichste Variante ist, dass die Holländer, vielleicht auch die Franzosen oder Spanier, einen gelben Mutanten mit einer dunkleren Farbe entdeckten und diesen weiter entwickelten und stabilisierten. Daraus entstanden die Hornmöhren, aus denen sich die meisten modernen orangefargigen Karottensorten entwickelten.“
Wurzel mit Vergangenheit
Tatsache ist, dass die orangefarbene Karotte heute im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde ist. Denn sie schmeckt gut, ist anspruchslos im Anbau und verliert beim Kochen nicht ihre Farbe. Dass sie eine derart komplexe Geschichte hat, die voller Rätsel steckt, ist ihr auf den ersten Blick nicht anzusehen.
Karottensuppe mit Aroma
Genug Geschichte. Wenn du jetzt Hunger auf ein Karottensüppchen hast, dann gibt es hier ein etwas ungewöhnliches Rezept. Ich habe die orange Wurzel mit den asiatischen Aromen Kokos, Kreuzkümmel, Koriander und Erdnüssen kombiniert. Zudem habe ich, angeregt von Donna Hays, „lamiacucina“ und „Die Küchengeister“, die Karotten vorher im Ofen geröstet, sodass sie ihre ganze Süße entfalten können.

Geröstete Karottensuppe mit Kokosmilch und Erdnüssen
Zutaten
- 600 g Karotten
- 2 Zwiebeln
- 2 Knoblauchzehen
- 1 Stück daumennagelgroßesIngwerwurzel
- 1 frische grüne Chili
- 1/2 TL Kreuzkümmelsamen
- 1 TL Tamarindenmus alternativ 1-2 TL Zitronensaft
- 200 ml Kokosmilch
- 600 ml Wasser
- 1 EL Erdnussbutter
- 1 EL Olivenöl
- 1 Messerspitze Chilipulver
- 2 EL Erdnüsse
- 2 EL frischer Koriander
Anleitungen
- Ofen auf 180°C Ober/Unterhitze vorheizen.
- Die Karotten waschen und schälen und in große Stücke schneiden.
- Zwiebeln schälen und vierten.
- Knoblauchzehen und Ingwer schälen und fein hacken.
- Olivenöl, Kreuzkümmel, Knoblauch und Ingwer in einer Schüssel verrühren. Karotten und Zwiebelstücke dazugeben und alles gut vermischen.
- Ein Blech mit Backpapier auslegen und die Karotten-Zwiebelmischung darauf verteilen.
- Im Ofen bei 180°C Ober/Unterhitze circa 50 Minuten rösten.
- In der Zwischenzeit die Erdnüsse groß hacken und in einer Pfanne bei mittlerer Hitze ohne Fett kurz anrösten. Dabei ständig rühren und aufpassen, dass die Nüsse nicht anbrennen.
- Chilischote waschen, und in feine Ringe schneiden. Wer es nicht so scharf mag, entfernt vorher die Kerne.
- Korianderblätter waschen und grob hacken.
- Das geröstete gemüse nach dem Ende der Garzeit aus dem Ofen nehmen, in ein Püriergefäß umfüllen und mit der Kokosmilch zu einer geschmeidigen Paste pürieren.
- Paste in einen Topf geben und mit 600 ml Wasser auffüllen.
- Das ganze zum Kochen bringen und gut verrühren, so dass eine sämige Suppe entsteht.
- Tamarindenmus, Erdnussbutter, Chilipulver hinzugeben und die Suppe mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Suppe in Teller geben und mit gerösteten Erdnüssen und frischem Koriander garnieren.
Ist schon irre, was die Jungs nach 1500 Jahren noch rausfinden. Das Rezept klingt köstlich, werden wir sicher mal ausprobieren oder warten, bis Du es mal kochst …
Ich habs an Ostern für die Großfamilie gekocht. Als ich an der Reihe war, war der Topf leer!