Das Auswanderer Kochbuch  - Erwartungen und Erbsensuppe ...

… gehörten zum Gepäck von Millionen Menschen, die sich im Laufe der letzten dreihundert Jahre per Schiff aufmachten, um in der „neuen Welt“ ein „neues Leben“ zu beginnen. Von beiden Dingen erzählt Das Auswanderer Kochbuch von Brigitte Meister aus dem Felix Verlag – informativ und mit dem Augenmerk auf dem Alltag der Passagiere in den Zwischendecks, den kleinen Leuten, die oft ihre Letzten Ersparnisse für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ausgegeben hatten.

Das Auswanderer Kochbuch – Historische Quellen

Brigitte Meister zeichnet anhand von Auszügen aus Briefen und historischen Quellen sowie Rezepten die kulinarische Geschichte der großen Auswanderungswellen aus Europa nach. Sie liefert Information über die historischen Rahmenbedingungen und den Ablauf einer Reise, die Kochbedingungen auf den Schiffen, die großen Auswandererhäfen und Auswirkungen der Umstellung von Segel- zu Dampfschiffen.

Daneben widmet sich das Buch ausführlich allen Fragen rund um die Ernährung auf den Schiffen der Pionierzeit. Historische Speisepläne und Vertragsbedingungen geben interessante Einblicke in die Häufigkeit und die Zusammensetzung der Verpflegung. Dabei wird schnell klar, dass die Fahrt über den großen Teich mit dem komfortablen Reisealltag uns heutiger Expats rein gar nichts gemeinsam hatte.

Begrenzte Auswahl

Eines der größten Probleme bei der Verpflegung war die Haltbarmachung und die Vorratshaltung von Lebensmitteln Auf den Segelschiffen dauerte die Reise über den großen Teich Wochen, manchmal Monate. Die Auswahl an Nahrungsmitteln war deswegen sehr begrenzt: Kartoffeln und immer wieder Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Heringe und Schiffszwieback. Ergänzt wurde diese Basis durch einen kleinen Schatz an persönlichen Vorräten. Die Autorin lässt ihrem Blick nicht nur auf den Rezepten der deutschen Auswanderer ruhen, sondern schaut auch in die Töpfe anderer Länder. So findet sich die Zubereitung von Oatmeal Porridge oder Scottish Shortbread neben den Klassikern der deutschen Auswandererküche: Kartoffelsuppe, Heringssalt, Teltower Rübchen oder Weißkohl mit Speck.

Erst mit der Dampfschifffahrt und der Verkürzung der Reisezeiten Mitte des 19. Jahrhunderts wehte ein Hauch von Luxus durch die Speisepläne der Passagiere, allerdings nur in der ersten Klasse. Auch dieser „gehobenen“ Küche der großen Dampfschiffe ist ein Kapitel gewidmet.

Optischer Hingucker

Wer beim Lesen Lust bekommt, sich auf die kulinarischen Spuren der Auswanderer zu begeben, der findet rund 50 Rezepte und Kochanleitungen, für die manchmal allerdings etwas wage bleiben. So sind zum Beispiel die Kochzeiten nicht immer präzise angegeben.

Optisch ist das Buch ein Hingucker. Die Rezepte werden durch sehr stimmungsvolle Fotos illustriert. Zusammen mit historischem Bildmaterial vermittelt Das Auswanderer Kochbuch einen wunderbaren Einblick in die Welt all der Menschen, die ihr Schicksal in die eigenen Hände nahmen und sich mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in die neue Welt aufmachten. Soziale und kulinarische Geschichte im besten Sinn.

Wer Lust hat auf mehr – hier geht es zu einem Rezept, das ich nachgekocht habe: Kichererbsensuppe mit gerösteten Brotwürfeln. Echte Seemannskost.

 

eintopfheimat©2012

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