Wie aus einem Hering ein Matjeshering wird

Matjeshering oder „haring“, wie die Holländer sagen, gehört zur kulinarischen DNA des Landes. Am Scheveninger Vlaggetjesdag wird im Hafen die neue Heringssaison jedes Jahr ausgiebig gefeiert. An einem der Hafenbecken liegt einer der traditionsreichsten heringsverarbeitenden Betriebe des Landes,  Jac. den Dulk & Zonen. Weil ich neugierig war, wie aus einem normalen Hering ein Matjeshering wird, habe ich mich dort mal umgesehen. Auch deshalb, weil dieser Betrieb der einzige in Holland ist, in dem im großen Maßstab die Matjesheringe noch von Hand filetiert werden.

Gerbrand J. Voerman, der Geschäftsführer der Firma, die sich mit dem schönen Titel Hoflieferant schmücken kann und die seit 1871 im Heringsgeschäft ist, führte mich durch die heiligen Betriebshallen und nahm sich trotz  seines dauerklingelnden Handys Zeit, um mir die wundersame Wandlung des Herings zum Matjeshering zu erklären.

Matjeshering im Fass

Fangfrisch schockgefrostet

Fangen wir mit dem Wichtigsten an, dem Fang. Früher liefen die Heringslogger noch direkt aus dem Hafen aus, denn Scheveningen verfügte über eine beachtliche Fangflotte. Der Hering, der heute verarbeitet wird, kommt hauptsächlich von norwegischen Schiffen. Er wird mit pelagischen Schleppnetzen gefangen, die den Meeresboden schonen und deren Maschen so ausgerichtet sind, dass möglichst wenig Beifang entsteht. Direkt nach dem Fang werden die Fische sortiert und auf dem Schiff in Blöcken schockgefrostet. Durch das Schockfrostverfahren ist der empfindliche Fisch nach dem Auftauen frisch wie nach dem Fang. Zudem werden dadurch eventuelle Fischparasiten abgetötet, weshalb der Gefrierprozess in den Niederlanden Vorschrift ist.

Durch Salzlake und Enzyme zum Matjeshering

„Von dem Moment, in dem der Fisch bei uns ankommt wird er zu einem echten holländischen Produkt“, erklärt Gerbrand. Die Kunst, die aus einem Hering einen Matjeshering macht, so sagt er, die haben die Experten der Firma Jahrzehnte lang perfektioniert.

Zunächst werden die Heringsblöcke in einem speziellen Verfahren wie unter einem riesigen Föhn schonend aufgetaut. Nach dem Auftauen durchläuft der Hering ein automatisches Kehlband, dort werden die Kiemen und die Innereien bis auf die Bauchspeicheldrüse entfernt.

Hering kehlen

Sie ist essenziell für den Reifungsprozess in der Salzlake, denn sie enthält dafür wichtige Enzyme. Die richtige Menge Salz für die Lake zu finden, in der die jeweilige Charge Fisch reift, darin liegt das Können der Experten. Denn jeder Fang ist anders, Größe und Fettgehalt der Fische bestimmen die Salzmenge, die zugegeben wird.

Matjeshering Reifung

Flink filetiert

In großen Fässern lagern die eingelegten Heringe und verwandeln sich durch die Fermentierung in Matjes. Nach gut drei Tagen ist dieser Prozess abgeschlossen. In einem letzten Arbeitsgang geht der Matjeshering nun durch die Hände einer Mitarbeiterin, die den Fisch häutet und filetiert. Mir wurde beim Zuschauen fast schwindelig, bis zu 500 Stück schafft manche Filetierfrau in der Stunde. Unvorstellbar!

Mitarbeiterinnen filetieren Matjes

Matjeshering Scheveningen

Nach der letzten Qualitätskontrolle werden die Matjesfilets vakuumverpackt und treten ihre Reise zum Konsumenten an. Ein Teil der Produktion von Jac. den Dulk & Zonen wird nach Deutschland exportiert. Gerbrand verrät mir noch, dass in Hamburg und Berlin die großen  Matjesheringe bevorzugt würden, Kunden im Ruhrgebiet dagegen lieber die kleinere Variante kauften. Ob groß oder klein – was du mit dem Matjeshering noch machen kannst, außer ihn auf die holländische Art zu essen, das erzähle ich in den nächsten Posts. Dann gibt’s nämlich Rezepte.

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7 Kommentare
  1. Ich esse das sehr gerne, deswegen das war für mich interessant

  2. ein sehr schöner Artikel.
    Wusste ich nicht, so viel Arbeit dahinter steckt.

  3. Ich stehe ja heimatverbunden auf den Glückstädter Matjes, der ja über die Niederlande nach Schleswig-Holstein kam. Köstlich

  4. Man lernt ja auch jeden Tag was neues, hätte nicht gedacht wie viel zum gesamten Prozess dazugehört, Danke für deinen Beitrag 🙂
    LG Nadine

  5. Ein sehr interessanter Bericht.
    Dache nicht, dass so viel Arbeit dahinter steckt.

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