Den Germknödel und mich verbindet eine lange Beziehung, die vom ersten stürmischen Verliebtsein über eine abrupte räumliche Trennung und die Zuwendung zu anderen kulinarischen Affären bis hin zu einer innigen Wiederbelebung im letzten Skiurlaub reicht.
Flauschige Studentenliebe
Kennen- und lieben gelernt habe ich diese vorzügliche Mehlspeise während meines Studiums in Wien. In der Mensa gab es neben den Tagesgerichten immer auch Germknödel, die in gläsernen Wärmeschränken auf hungrige Studenten warteten.
Backhefe heißt in Österreich Germ. Germknödel sind also gedämpfte Hefeknödel. Die flauschige Hülle verbirgt einen süßen Kern aus Powidl – Zwetschgenmus, das lange und langsam eingedickt wird. Serviert werden Germknödel mit geriebenem Mohn und Staubzucker – Puderzucker wie man im Norden sagt – sowie einer tüchtigen Ladung geschmolzener Butter.
Verlassener Germknödel
Der Germknödel war mein wärmender Retter an langen Unitagen, in Zeiten, in denen niemand das Wort vegan auch nur aussprechen konnte. Nachdem ich Wien wieder Richtung Franken verlassen hatte, war erst mal Schluss mit der leichten Verfügbarkeit des Knödels. Ich kochte ihn noch einmal selbst, war aber gar nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Es kam wie es kommen musste – der Germknödel und ich lebten uns auseinander. Mein Studienjahr in den USA und das Leben im Ausland bescherten mir neue kulinarische Beziehungen und so geriet der Geliebte langsam in Vergessenheit.
Wiedersehen auf der Alm
Bis vor ein paar Wochen. Da nämlich bestellte meine Tochter im Skiurlaub in Serfaus während der Mittagspause auf der Alm einen Germknödel. Als der Kellner ihn auf den Tisch stellte, warm dampfend, schwimmend in flüssiger goldgelber Butter, bedeckt von einer Wolke aus Mohn und Puderzucker, da war es um mich geschehen. Plötzlich erinnerte ich mich wieder an unsere regelmäßigen Verabredungen am Mensatisch, an seinen wunderbaren Geschmack und sein tröstendes Versprechen – ich bin da, wann immer du mich brauchst. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn so lange vernachlässigt hatte. Schnell suchte ich eine Ausrede: Eh zu viel Butter und das tut dir nicht mehr gut, sagte ich mir. Und das Gluten – reines Gift! Aber er stand einfach da, wie damals, ohne Vorwurf, flauschig und voller Versprechen. Wehmütig schaute ich zu, wie es sich meine Tochter schmecken lies. Und als sie aufstand, aß ich gierig den Bissen, den sie übrig gelassen hatte.
Glück auf dem Teller
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Der Germknödel und ich fanden uns wieder während dieser Woche im Schnee. Wir verabredeten uns regelmäßig am Mittagstisch, frischen alte Erinnerungen auf und waren einfach glücklich. Die Buttermenge war mir so was von egal und alles andere auch. Hey, schließlich fuhr ich ja den ganzen Tag Ski, da brauchte ich was Nahrhaftes!
Germknödel forever
Ich schwor meiner alten Liebe, dass wir uns von nun an nie mehr trennen würden und zum Beweis erstand ich zwei Gläser Powidl vor der Abfahrt. Zurück in Holland kramte ich sofort mein Kochbuch über die österreichische Küche heraus, das ich noch aus Wiener Zeiten besitze. Der Dampfgarer gab sein bestes und so verbrachten mein Germknödel und ich gestern einen wunderbaren Sonntag miteinander.
Nach den Fotos findest du das Rezept.
Germknödel mit Butter und Mohn
Zutaten
- Für die Germknödel
- 300 g Weizenmehl
- 15 g Frische Hefe
- 1/8 l Milch
- 2 EL Zucker
- 2 kleine Eier
- 50 g Butter
- 1/2 TL Salz
- 8 EL Powidl/dickes Pflaumenmus
- Für die Garnitur
- 50 g geriebener Mohn
- 2 EL Puderzucker
- 80 g Butter
Anleitungen
- Mehl in eine Backschüssel sieben und eine Mulde in die Mitte drücken.
- In einem kleinen Gefäß 3 EL Milch handwarm erwärmen. 1 EL Zucker und Hefe einrühren und durchmischen.
- Hefe-Milch-Mischung in die Mulde gießen und einen kleinen Vorteig anrühren.
- Schüssel mit einem Geschirrtuch bedecken und an einem warmen zugsicheren Ort 20 Minuten gehen lassen.
- 50 g Butter schmelzen und mit den Eiern, Salz, dem restlichen Zucker und der restlichen Milch zum Teig geben.
- Mit der Küchenmaschine mit dem Knethaken zu einem geschmeidigen, seidigen Teig verkneten. Falls der Teig zu stark klebt, noch etwas Mehl hinzufügen.
- Teig auf eine bemehlte Fläche geben, eine dicke Rolle formen und diese in 8 gleiche Stücke teilen.
- Jedes Stück mit der Hand zu einem Kreis flach drücken und 1 EL Powidl in die Mitte setzen.
- Den Teig an den Rändern zusammenfassen und gut andrücken.
- Den Knödel mit der Nahtstelle nach unten auf die bemehlte Fläche setzen.
- Mit den anderen Knödeln ebenso verfahren.
- Die Knödel zugedeckt weitere 20 Minuten ruhen lassen.
- In der Zwischenzeit den Mohn, falls nicht gemahlen, in einer Gewürzmühle mahlen und mit dem Puderzucker vermischen.
- Zum Garen der Germknödel die Locheinsätze des Dampfgarers mit Öl bestreichen, damit die Knödel nicht kleben bleiben.
- Knödel mit großem Abstand in den Einsatz platzieren (Knödel gehen stark auf) und bei 100°C 15 Minuten dämpfen.
- Wenn die Knödel gar sind, nimmt man sie aus dem Dampfgarer und sticht sie mehrmals mit einem Holzspieß seitlich an, dann fallen sie nicht zusammen.
- Alternativ die Knödel in kochendes Salzwasser legen und 5-6 Minuten bei geschlossenem Deckel und kleiner Hitze garen. Dann umdrehen und mit offenem Deckel weitere 5 Minuten garen lassen. Mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser nehmen und mit einem Holzstäbchen sofort mehrmals anstechen, damit die Knödel nicht zusammen fallen.
- Restliche Butter schmelzen.
- Germknödel mit der flüssigen Butter und der Mohn-Puderzucker-Mischung servieren.
Lust auf mehr Mehlspeisen? Hier geht’s zum Rezept für Salzburger Nockerln.
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