Meine erste Kimchi Erfahrung fing 2011 ganz harmlos an. Meine südkoreanische Freundin Sunyoung stellte mir einen Teller mit einem für mich undefinierbaren Häufchen Gemüse vor die Nase und sagte: „Try this“. Gehorsam nahm ich nahm die Stäbchen und pickte eines der grün-gelben, säuerlich riechenden, schlaffen Blätter auf, die in einer roten Marinade lagen. In dem Moment in dem das Stückchen in meinem Mund war, explodierten meine Geschmacksnerven: salzig, sauer, scharf, – alle Richtungen gleichzeitig und doch deutlich voneinander unterscheidbar. Noch nie hatte ich so etwas gegessen. „What is it?“ fragte ich und stopfte mir gierig den Rest des Häufchens in den Mund. „This is Kimchi, our national dish“, erwiderte Sunyoung lächelnd. „I know you would like it.“
Kimchi – mit jeder Mahlzeit
Sie hatte ja so recht. Seit jenen Nachmittag vor ein paar Monaten bin ich quasi Kimchi-süchtig. Der Begriff Kimchi bezeichnet ganz allgemein jede Art von Gemüse, das milchsauer vergoren ist. Es gibt Gurken-Kimchi, Lauch-Kimchi, Rettich-Kimchi und eben den klassischen Chinakohl-Kimchi, den mir Sunyoung servierte hatte. Kimchi wird in Südkorea wie Reis zu jeder Mahlzeit eingenommen. Früher bewahrte man ihn in Tongefäßen auf, heute gibt es eigens angefertigten Kühlschränke und Plastik- Behälter dafür.
Sunyoung fand meine plötzliche Leidenschaft für ihre Nationalspeise wohl witzig. So schenkte sie mir zum Geburtstag nicht einen Strauß Tulpen, sondern ganzes Glas Kimchi, das ich innerhalb kürzester Zeit restlos verputzte.
Auf der Suche nach dem richtigen Kimchi Chinakohl
Leider gibt es den Kohl nicht in meiner unmittelbaren Nähe zu kaufen, ich muss dafür nach Den Haag in einen großen asiatischen Supermarkt fahren. So blieb der Genuss sporadisch, bis ich Sunyoung bat, mir zu zeigen, wie man den milchsauer vergorenen Chinakohl selbst herstellen kann. Ich dachte mir nichts bei meiner Frage, war aber verwundert, als sie mir sagte, wie würde es mir sehr gern zeigen, müsse aber erst den geeigneten Chinakohl finden und einige Gerätschaften kaufen. Einige Wochen und viele Gespräche später kam sie freudestrahlend auf mich. Sie habe jetzt alles, was sie bräuchte. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag.
Als ich in ihr Haus kam, stand eine große rote Plastikwanne in der Küche, in der sich die Chinakohl-hälften türmten.
Langsam begann ich zu ahnen, dass es sich hier nicht um die Zubereitung eines normalen Gerichts handelte, sondern um eine küchentechnische Großaktion, die von langer Hand und mit großer Sorgfalt vorbereitet werden musste.
Während wir auf dem Boden saßen und Sunyoung sorgfältig Blatt für Blatt der Chinakohl-Hälften mit grobem Meersalz einrieb, erzählte sie mir, dass in ihrer Heimatstadt Seoul die Zubereitung des fermentierten Gemüses gleichermaßen eine kulturelle, soziale und kulinarische Handlung ist.
Kimchi und Gemeinschaftssinn
In dem Apartment-Komplex ihrer Eltern treffen sich jedes Jahr im Spätherbst die Frauen und Mädchen, die dann gemeinsam an der Winter-Kimchi-Herstellung arbeiten. Man sitzt gesellig zusammen, schwatzt, tauscht Neuigkeiten aus, isst und verarbeitet Berge von China-Kohl-Köpfen zu Kimchi. Bei mehreren hundert Köpfen pro Familie kann man sich vorstellen, wie lange die Prozedur dauert.
Mit diesen Informationen entließ mich Sunyoung, denn der gesalzene China-Kohl musste nun in einem geschlossenen Behälter bei Zimmertemperatur bis zum nächten Tag ruhen. Als ich wieder kam, hatte sie die Kohlköpfe schon sorgfältig abgewaschen und die Flüssigkeit ausgedrückt.
Bündelweise Schnittlauch und Frühlingszwiebeln, dazu gestiftete Karotten und Rettich standen bereit.
Dazu noch gewürfelter Rettich, der nach der Tradition ihrer Großmutter auch fermentiert werden sollte. Chili, Knoblauchzehen und Ingwer warteten im Mixer darauf, zerkleinert zu werden. Aus Reismehl und heißem Wasser bereitete Sunyoung eine Paste, die die Marinade daran hindert, zu flüssig zu werden.
Das alles sowie Fischsauce und das scharfe koreanische Chilipulver gotchugaru vermischte sie in der roten Plastikwanne und schmeckte ein letztes Mal ab.
In dieser Marinade wendete sie zuerst die Rettichwürfel und legte sie diese in einen mit Plastiktüten ausgelegten speziellen Kimchi-Eimer. Dann rieb sie die restliche Marinade, wie am Vortag das Salz, zwischen die Blätter, faltete diese anschließend wieder übereinander, strich die Hälften glatt und bewahrte sie mit dem Schnittflächen nach oben im Behälter auf.
Belohnte Geduld
Nachdem alle Kohlhälften mariniert waren, schloss sie den Deckel des Eimers und bedeutete mir, dass ich nun nochmals ein paar Tage warten müsse, bevor ich den Kimchi kosten dürfe. Etwas enttäuscht schlich ich nach Hause, denn ich hatte mich schon auf eine große Portion gefreut. Aber für Kimchi braucht man Geduld und Zeit – das hatte ich während der Herstellung gelernt. Am darauf folgenden Wochenende wurde ich für meine Geduld belohnt. Sunyoung lud mich zu einem koreanischen Diner ein, bei dem ich so viel von ihrem selbstgemachten Kimchi essen durfte, wie ich wollte. Danke Sunyoung!
Tipp
Wie sauer der Kimchi letztlich schmeckt, ist von vielen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel der Salzmenge oder der Temperatur beim Fermentierungsprozess. Die Zutatenliste ist mehr eine Richtlinie als eine strikte Mengenangabe. Wer Ingwer mag, der kann die Menge verdoppeln, wer nicht so gern scharf isst, der nimmt weniger Chili-Flocken. Experimentiere einfach und lass dich von dem sehr intensiven Geruch des Kimchi nicht abschrecken.
Kimchi passt als Beilage zu gegrilltem Fleisch und Geflügel wie dem koreanischen Barbecue. Als kleiner Snack zwischendurch, in Suppen oder Dumplings, in Pfannenkuchen oder in einem Risotto – anything goes sagt Sunyoung.
Kimchi
Zutaten
- 2 mittlere Köpfe Chinakohl
- grobes Meersalz
- 1 weißer Rettich
- 3 Frühlingszwiebeln mit Grün
- 1 kleine Karotte
- 1 Bund Schnittlauch
- 1 Birne
- 2 EL Knoblauch gehackt
- 2 EL frischer Ingwer gehackt
- 1 frische rote Chilischote
- 1 EL Zucker
- 5 EL Fischsoße aus Tintenfisch oder Anchovis
- 2 EL Reismehl
- 10 EL Wasser
- 3-5 EL koreanische Chili-Flocken Gotchugaru
Anleitungen
- Chinakohlstauden halbieren und die Hälften sorgfältig waschen. Blatt für Blatt mit grobem Meersalz einreiben und über Nacht in einem abschließbaren Behälter aus Plastik oder Steingut oder in einer verschließbaren Plastiktüte bei Zimmertemperatur ruhen lassen.
- Am nächsten Tag die Kohlhälften abwaschen und die Flüssigkeit gut ausdrücken. Die Blätterenden sollen schlaff und weich sein. Restflüssigkeit aus dem Behälter entfernen.
- Eine Hälfte des Rettichs und die Karotte fein stifteln (ca. 3 cm lang), Schnittlauch in ebenso lange Stücke schneiden. Die andere Hälfte des Rettichs in 3cm große Würfel teilen.
- Birne schälen, vierteln und Kerngehäuse entfernen. Im Mixer fein pürieren.
- Knoblauch und Ingwer schälen und fein hacken. Chilischote waschen, Stiel entfernen und fein würfeln.
- Für die Marinade Birnenpüree, Zucker, Knoblauch, Chili, Ingwer mit der Fischsoße zu einer Paste verarbeiten. Fischsoße auf der Basis von Tintenfisch oder Anchovis ist in gut sortierten Asia Läden erhältlich.
- Reismehl mit heißem Wasser ebenfalls zu einer Paste verarbeiten und zur Marinade geben. Alles gut vermischen.
- In einem ausreichend großen Gefäß alle Zutaten bis auf die Rettich-Würfel mischen und mit den Chiliflocken scharf abschmecken. Zunächst die Rettichwürfel in der Marinade wenden und in das Gefäß oder die Plastiktüte geben. Dann jede Kohlhälfte Blatt für Blatt mit der Marinade einreiben, anschließend gut zusammendrücken. Kohlhälfte mit der Schnittfläche nach oben in Gefäß oder Tüte legen. Mit den restlichen Hälften ebenso verfahren. Tüte oder Gefäß verschließen. Wichtig ist, dass eine Handbreit Platz bleibt, um die Flüssigkeit aufzufangen, die bei der Vergärung entsteht.
- Kimchi nun einen weiteren Tag bei Zimmertemperatur ziehen lassen. Danach in den Kühlschrank legen und noch einmal 2 Tage fermentieren lassen. Dann ist der Kimchi gebrauchsfertig. Er kann im Kühlschrank einige Zeit aufbewahrt werden.
Danke für das tolle Rezept und die schönen Bilder!
Gibt es eine einfache Alternative für die Fischsosse? Oder ist es Geschmacklich auch noch ok sie einfach weg zu lassen?
Danke für alle Hinweise!
Jennifer
Ich würde nicht empfehlen, sie wegzulassen. Fragst du aus ernährungstechnischen Gründen? Vielleicht wäre Sojasoße ein Ersatz, falls das Rezept vegan bleiben soll. Da müsste ich aber noch mal bei Sunyoung nachfragen.
Das ist ein gaaanz netter Artkel! Ich War auf der Suche nach einem, der das Traditionelle der Kim Chi Zubereitung verdeutlicht! Ich beginne heute mit meinem eigenen veganen Kim Chi Rezeptversuch und werde den dann auf meinem Blog posten. Darf ich Deinen Artikel verlinken?? Viele Grüße aus Hamburg … Stephanie von VeganLeak
Danke für das Lob Stephanie und selbstverständlich kannst du den Post verlinken!
Danke für das Lob. Selbstverständlich kannst du den Post verlinken!
Hallo,
das Rezept klingt super; ich würde es gern für meinen Freund mal machen, da er Kimchi liebt.
Allerdings verstehe ich diesen Absatz nicht ganz – wo muss ein handbreit Platz bleiben?
Kohlhälfte mit der Schnittfläche nach oben in Gefäß oder Tüte legen. Mit den restlichen Hälften ebenso verfahren. Tüte oder Gefäß verschließen. Wichtig ist, dass eine Handbreit Platz bleibt, um die Flüssigkeit aufzufangen, die bei der Vergärung entsteht.
Könnt Ihr mir helfen?
Danke und Grüßle
Uschi
Liebe Uschi,
vielen Dank für deinen Kommentar. Und nun zu deiner Frage: Bei der Milchsäuere-Gärung entsteht Flüssigkeit, deshalb sollte das Gefäß oder die Tüte nicht ganz bis zum Rand gefüllt werden, damit die Gärung gut funktionieren kann. Wenn du also eine Plastiktüte benutzt, dann lässt du einfach oben etwas Platz und füllst die Tüte nicht bis zum Rand. Bei einem Gefäß ist es genauso. Ich hoffe, ich habe deine Frage ausreichend beantwortet. Viel Erfolg bei der Kimchi-Herstellung.
Seit einigen Tagen bin ich auch angefixt und nachdem ich eben eine Konserve mit Kimchi verspeist habe, dachte ich mir, das muss doch auch irgendwie selbst zu machen sein!
Vielen herzlichen Dank für dieses Rezept, das werde ich ausprobieren!
Liebe Grüße
Cheriechen
Der Dank geht an Sunyoung weiter, die mir die Kimchi-Herstellung gezeigt hat. Sie ist eine echte Expertin.
Hallo Barbara,
vielen Dank für das tolle Rezept, habe es mittlerweile mehrfach in diversen Varianten ausprobiert, immer anders, immer lecker. Wir nennen es „Magenpflaschterle“, es hat die Magenprobleme (Emesis, Inappetenz) meines Wunderbaren beinahe vollkommen beseitigt. Wir essen es täglich und es kommt noch nicht zu den Ohren heraus :O)) Nur eine Frage-immer nach der Herstellung von Kimchi habe ich noch für Tage wunde, brennene Finger, besonders die Kuppen. Weder vorher fetten, noch das Tragen von Handschuhen hilft-wie ist´s bei Euch? LG U
Ja, Handschuhe sind eine gute Idee. Sunyoung benutzt zur Herstellung auch welche. Freut mich sehr, dass das Rezept Anklang findet. Es ist wirklich authentisch und Sunyoungs Familie in Seoul stellt den Kimchi nach der Rezeptur regelmäßig her. berichte mal von deinen Varianten.
warum werden die Rezepte eigentlich nicht mehr angezeigt?
Das wusste ich nicht. Muss ich sofort mal nachsehen. Danke für den Hinweis.
Frage zur Haltbarkeit:
Hi!
Es ist zwar schon etwas länger her, dass dieser Artikel erstellt wurde, aber ich bin gerade eben darauf aufmerksam geworden. Ich liebe Kimchi und würde es auch gerne selbst herstellen. Da es aber schon etwas arbeit ist würde ich mir immer gerne einen kleinen Vorrat anlegen. Daher meine Frage:
Wie Lange ist das Kimchi nach der Fermentierung haltbar?
Kann ich es für zwei Wochen oder gar einen Monat aufheben oder muss ich es schnellstmöglich verzehren?
Vielen Danke für die Antwort und den wunderbaren Artikel!
Viele Grüße
Chris
Lieber Chris,
ich habe eben mit meiner Freundin Sunyong telefoniert wegen deiner Frage. Sie sagt, Kimchi verhält sich so wie Sauerkraut. Du kannst ihn im Kühlschrank aufbewahren. In Südkorea gibt es dafür spezielle Kimchi-Kühlschränke, weil er dort so populär ist. Am besten ist es, ihn portioniert in luftdicht verschließbaren Plastiktüten (z.B. Ziplock) oder in Containern aufzubewahren. Dann kannst du ihn portioniert essen. Wenn er in einem großen Gefaäß bleibt, das immer wieder auf und zu gemacht wird, dann kommt er mit Luft in Kontakt und dann verändert sich der Geschmack mehr zum Saueren hin.
Hallo barbara, so aehnlich habe ich in Brunei auch pickled cabbage hergetsellt mit ALice, unserer Amah. Sie hat die Kohlblaetter vorher mal eben einen tag in der tropischen Sonne liegengelassen zum antrocknen, weil es dann in Borneo besser gelang, weniger Wasser, weniger Probleme mit der gAerung. habe mit Freude gelesen, muss unbedingt mal anrufen, hier ist alles wahnwitzig busy. Julian wird nach Oman versetzt ab 5.August, Alex ab 19.Sept in London Guildhall School of Music and Drama – Countertenor Ausbildung. Alle anderen ok und +/- happy. Bis bald, LG Sabine
Great pictures. It’s not only delicious, it’s colorful and good looking too. It comes in many different types and flavors and some taste almost like spicy sauerkraut but better. If you try it once, you can’t be without it any more. I know because I have been addicted to Kimchi of any type and sort for almost two decades now.