Weideschweine leben besser als ihre Artgenossen im Stall – das steht für mich nach meinem Besuch bei Thomas Schwab auf seinem Hof in Lieritzhofen fest.
Vom Geschäftsfüher zum Bauern
Thomas ist mir kein Unbekannter, vor Jahrzehnten drückten wir zusammen die Schulbank in Hersbruck. Nach dem Abitur trennten sich die Wege. Thomas studierte Lebensmitteltechnologie und arbeitete 30 Jahre in der Nähe von Stuttgart und auch ich verlies die Stadt. Obwohl wir beide immer wieder in der fränkischen Heimat aufschlugen, liefen wir uns erst in diesem Sommer wieder persönlich über den Weg. Schnell kam das Gespräch auf den Schwabhof. Vor zwei Jahren nämlich hängte Thomas nach langen Diskussionen mit der Familie seinen Beruf als Geschäftsführer eines Lebensmittelunternehmens an den Hut, zog zurück nach Franken und übernahm den Bauernhof, den ihm sein Onkel vererbt hatte, um dort Weideschweine zu halten: „Wenn ich nicht wieder angefangen hätte, dann wäre der Bauernhof verfallen, das wollte ich nicht,“ erklärt er mir seine Beweggründe fränkisch nüchtern.
Projekt Weideschweine – mit Plan und Ziel
Unbedacht? Verrückt? Ohne Chancen? Nein, im Gegenteil. Thomas Schwab führt das Projekt Schwabhof planvoll, mutig und mit Leidenschaft und liefert ein hochwertiges regionales Schweine-Fleischprodukt; davon kann ich mich ein paar Wochen später bei einem Besuch bei ihm und seinen schwäbisch-hällischen Weideschweinen überzeugen.
Der Schwabhof liegt inmitten von Wiesen am Rand der kleinen Ortschaft Lieritzhofen. Thomas macht eine kurze Arbeitspause als ich ankomme. Er hat einen Anhänger mit Luzernklee auf den Hof gebracht, den er am Tag vorher auf der eigenen Wiese gemäht hat und den eine Maschine jetzt heißluftgetrocknet und geschrotet in die Futterkammer bläst.
Nicht nur den Klee, auch Gerste, Triticale (eine Kreuzung aus Weizen und Roggen) und Erbse baut er selbst an – ohne Insektizide, Herbizide und Düngemittel. 2016 schloss Thomas einen Kontrollvertrag für ökologische Wirtschaftsweise ab. Nach einer Umstellungszeit von zwei Jahren wird er dann ein offizielles Öko (Bio) Siegel erhalten. Das Futter bietet seinen Weideschweinen eine ausgewogene Mischung zwischen Kohlenhydraten, Protein und Ballaststoffen. Nach Lust und Laune ergänzen sie es selbst durch Gras, Kräuter und Wurzeln, die sie auf der Schweineweide finden.
Traditionelle Art der Schweinehaltung
Diese Weide ist das Herzstück des Betriebs. 28 schwäbisch-hällische Schweine aus drei Generation leben auf dem fünf Hektar großen Stück, das viel mehr ist als einen Wiese. Im unteren Teil können sich die Schweine im Schlamm suhlen, es gibt Unterstellplätze, die vor Sonne, Regen oder Schnee schützen und auch ein Stück Wald gehört zum Revier.
Während einige der schlachtreifen Tiere neugierig auf uns zukommen, erzählt Thomas, wie er auf die Idee kam, Weideschweine zu halten. Es ist eine Mischung aus Verantwortung für den geerbten Bauernhof, kluger wirtschaftlicher Überlegung und der Rückbesinnung auf die traditionelle Art der Tierhaltung, die ihn dazu bewog.
Verantwortungsvolle Schlachtung
Auch über die Schlachtung hat er seine eigene Philosophie, die inspiriert ist von seinem Vater und Großvater. Sie zogen noch als sogenannte „Brandmetzger“ im Winter über die Bauernhöfe, um dort Hausschlachtungen durchzuführen. Thomas begleitete seinen Vater oft. Die ruhig, stressfreie Art der Schlachtungen und die Komplettverarbeitung der Tiere beeindruckte ihn tief. Diese Wertschätzung lässt Thomas auch seinen eigenen Tieren angedeihen.
Am Tag vor der Schlachtung fährt er seinen Anhänger auf die Weide und legt gekochte Kartoffeln darauf aus: „Die Schweine entscheiden dann selbst, wer den letzten Gang geht. Wenn zwei auf dem Anhänger sind, schließe ich ihn ab und fahre zum Schlachter.“ Die Schlachterei liegt nur ein paar Minuten entfernt am anderen Ende des Dorfes. Auch dort geht es ruhig und stressfrei zu. Die Tiere werden betäubt und dann sofort geschlachtet: „Meine Schweine haben das Recht, in Ruhe zu sterben. Ich möchte kein Fleisch von Tieren essen, die in Stress und Angst gestorben sind“.
Diese Art der stressfreien Schlachtung hat neben der ethischen Komponente auch eine qualitative. Sie wirkt sich positiv auf die Struktur und den Geschmack des Schweinefleischs aus. Thomas setzt zudem auf die Tradition der Warmfleisch-Verarbeitung, denn je schneller das Fleisch verarbeitet wird, desto mehr bleibt vom Eigengeschmack übrig.
Artgerechte Haltung und knapp kalkulierter Preis
Bei der Schlachtung wiegen die Schweine circa 200 kg, sie haben 15 Monate beste Fütterung und entspanntes Weideleben hinter sich. Das ist doppelt so lange wie die Lebenszeit von Schweinen in konventioneller Haltung. Deswegen sind die Preise für Fleisch vom Schwabhof höher als für konventionelles Schweinefleisch. Auch die Auflage der Schweinehygieneverordnung, die vorschreibt, dass bei Freilandhaltung zusätzlich zum Weidezaun ein zweiter, 30 cm tief versenkter Zaun gezogen werden muss, um den Kontakt mit Wildschweinen zu unterbinden, auch diese Auflage schlägt sich auf die Betriebs-Ausgaben nieder. Zwischen 18 und 25 Euro kostet das Kilo, je nach Fleischstück und damit kalkuliert Thomas Schwab äußerst knapp.
Direkt-Vermarktung durch soziale Medien
Zum Glück halten sich die Vermarktungskosten in Grenzen. Thomas nutzt ganz zeitgemäß die sozialen Medien und das Internet: „Ich gebe meine Schlachttage auf meiner Webseite und auf Facebook bekannt. Mann kann sich anmelden und Fleisch bestellen, das ich nach der Schlachtung sofort und direkt bei meinen Kunden abliefere.“ Bis Nürnberg reicht sein Lieferradius. Neben Frisch-Fleisch bietet der Schwabhof geräucherten Schinken und Räucherwürste sowie Wurstdosen zum Verkauf. Auch fränkische Bratwürste macht Metzger Thomas Sebald, allerdings nur auf Vorbestellung.
Traum und harte Arbeit
Die Sonne steht tief, als wir die Weide verlassen. Die Schweine liegen grunzend im Gras.
Thomas lässt beim Abschied den Blick noch einmal über das Land schweifen und erzählt mir, wie schön es nachts hier ist, wenn der Himmel voller Sterne hängt. Dann wird er wieder realistisch. Es sei noch ein hartes Stück Arbeit, den Hof wirklich rentabel zu machen, aber er sei zuversichtlich, dass es gelingen werde. Dabei wirkt er mit sich und dem Leben in Reinen. Und ich frage mich insgeheim, wer hier eigentlich zufriedener ist – die Weideschweine oder Thomas?
Info
Der nächste Schlachttag ist am 19. September 2017. Auf der Webseite des Schwabhofs kannst du deine Bestellung platzieren.
Kontakt
Im nächsten Post brate ich ein fränkisches Schäufele aus dem Fleisch der Weideschweine und verrate jetzt schon soviel: es schmeckt fantastisch!
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