…sagt Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Landwirt aus Westfalen. Er meint damit die Tatsache, dass rund die Hälfte der Kartoffeln, die er anbaut, nach der Ernte aussortiert auf dem Feld liegen bleiben, und das, obwohl sie essbar wären. Der Grund: die Knollen sind zu groß oder zu klein oder zu verwachsen und entsprechen damit nicht der Norm, die der Handel für Kartoffeln festgelegt hat. Einer von vielen Fällen, an der Film Taste the Waste des deutschen Regisseurs Valentin Thurn aufzeigt, wie schnell wertvolle Lebensmittel zu Müll werden.
Bewußte Verweigerung
Thurn, der in der Umweltbewegung aktiv war, bevor er Journalist wurde, stieß vor ein paar Jahren auf das Thema Lebensmittelverschwendung, als er einen Film über die sogenannten Mülltaucher drehte, also Menschen, die sich bewusst der Konsumgesellschaft verweigern und ihre Nahrungsmittel aus den Abfallbehältern der Supermärkte fischen. Während der Recherchen zu diesem Film tat sich eine Dimension der globalen Abfallproduktion von Lebensmitteln auf, die den Regisseur bestürzte.
Der Film, von dem eine Kino- und eine Fernsehversion entstand, wurde mit Geld aus Deutschland, den Niederlanden und Südkorea produziert. Er zeigt, wie unvorstellbar groß die Menge von Lebensmitteln ist, die täglich auf der Müllkippe landen, obwohl sie noch genießbar wären.
Brot als Brennstoff
Der Zusammenhang zwischen Konsumvorgaben und Müll wird beim Thema Brot besonders deutlich. Da viele Bäckereien bis in die Abendstunden dutzende von Brotsorten vorrätig haben wollen oder müssen, um die Kunden zufrieden stellen zu können, landet die unverkaufte Ware nach Geschäftsschluss auf dem Müll. Oder sie wird verfeuert wie in der Bäckerei von Roland Schüren in Hilden. Die Reihe der Beispiele lässt sich beliebig fortführen. Supermärkte, Gemüse- und Obstproduzenten, Endverbraucher – wir alle sind verantwortlich für die immense Verschwendung von Ressourcen und Nahrung.
Aber warum werfen wir so viel weg? Thurn reist bei seiner Suche nach einer Antwort um die ganze Welt. Er spricht mit Wissenschaftlern und Verkäuferinnen, mit Bauern und Händelern, mit Politikern und Aktivisten. In unkommentierten Interviews und schockierenden Bildern entsteht ein Mosaik des Schreckens, zu dem wir alle ein Steinchen beitragen. Durch unsere Ansprüche an allzeit verfügbare Nahrung, an perfektes Aussehen von Obst und Gemüse, durch langes Handelswege und billige Lockangebote wird die Hälfte der Nahrung verschwendet, die wir produzieren.
Dramatische Auswirkungen
Taste the Waste macht deutlich, wie gering die Wertschätzung von Lebensmitteln in den Industrieländern geworden ist. Und welche dramatischen Auswirkungen unsere Verschwendung auf die Produzenten in den Schwellenländern hat. Thurn spürt aber auch Gegenbeispiele auf, Menschen, die sich diesem Wahnsinn entgegen stellen. Wie zum Beispiel Timothy Jones, der als Forscher jahrelang in US Mülltonnen zum Thema forschte und durch diesen Job zum Aktivsiten wurde. Er gründete die Food Corp., eine Kooperative, in der die Konsumenten selbst zu Erzeugern werden und damit die Marktmechanismen der Lebensmittelkonzerne außer Kraft setzen. Auch Supermärkte reagieren. Zum Beispiel die Kette Jumbo in den Niederlanden. Wenn dort Kunden Produkte finden, die kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, dann dürfen sie diese umsonst mitnehmen.
Taste the Waste lief auf der Berlinale und im Fernsehen, im September in den deutschen Kinos. Kein leichter Stoff, aber ein notwendiger. Das zeigt der riesige Zuspruch, den der Film bislang erfahren hat. Auf der sehr informativen Website kann man sich über Initiativen und Aktionen informieren, die im Umkreis des Films entstanden, über die vielen Organisationen, die die Botschaft unterstützen und über Möglichkeiten, sich selbst zu engagieren.
Was kann ich tun?
Alejandra Ramos, eine Bloggerin aus New York, hat in ihrem Blog Always order Desert zehn Tipps gegeben, wie jeder einzelne von uns, dazu beitragen kann, die Vernichtung von Lebensmitteln zu beenden:
1. Store vegetables or fruits in air-tight bags or containers in your fridge
2. Store food in your freezer to make it last for months or even a year
3. Think like a retro housewife and use recipts for leftovers more often
4. Learn how to make some new delicious meals out of (for example) overripe bananas for example
5. Also try to use even the last drop/leftover of something like marmelade, it maybe can spice up old recipts.
6. Do a weekly check on your fridge and cupboard to avoid forgetting soon spoiled food.
7. Get a system into your pantry and store things like sugar, flour, pasta and others in durable labeled containers
8. Keep a “reverse” grocery list to check which stuff you already have at home, also check up your pantry before grocery shopping!
9. Or try a “guilt list” where you mark out everytime you throw away spoiled food – at the end of the month you can see what food you shouldnt buy that often in future.
10. Before shopping, check up your pantry for things you have quite often in there and if it wouldnt be better to use those things for cooking at first.
Jeder kann etwas tun und mit dazu beitragen, dass Lebensmittel nicht mehr im Müll landen, sondern das tun, für das sie da sind: Leben erhalten. Stopp the Waste!
Filmcredits
Taste The Waste
Buch/Regie: VALENTIN THURN Kamera: ROLAND BREITSCHUH Schnitt: BIRGIT KÖSTER Musik: PLURAMON Ton: RALF GROMANN Sound Design: PETER AUFDERHAAR Dramaturgische Beratung: SEBASTIAN STOBBE Motion Graphics: AGENTURFUERKRANKEMEDIEN Postproduktion: FARBKULT, EWA BOROWSKI Produzenten: ASTRID VANDEKERKHOVE, VALENTIN THURN Produktion: SCHNITTSTELLE KÖLN / THURNFILM Koproduktion: WDR, NDR, Buddhist Broadcasting Foundation Niederlande, KOCCA – Creativ Content Agency Südkorea, CREO Contents Südkorea, EED / EZEF Redaktion: ANGELIKA WAGNER, ANDREA ERNST, JUTTA KRUG, WDR DIRK NEUHOFFF, NDR Förderung: Produktion The Media Programme of the European Union, Film- und Medienstiftung NRW, BKM Förderung Verleih: Film- und Medienstiftung NRW, BKM Verleih: W-FILM
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